Beerdigung

Die Beerdigung fand am 30. August 2012 in der evangelischen Gemeinde in Glessen statt. Pfarrer Thorsten Schmitt hatte eine wunderbare Andacht gehalten. Das Thema seiner Rede war: „Bei einer Kerze ist nicht das Wachs wichtig, sondern das Licht.“

Ich bin Thorsten Schmitt sehr dankbar, dass er mir den Ablauf der Andacht zur Verfügung gestellt hat und ich ihn deshalb hier veröffentlichen darf.

 1. Zu Beginn: Orgelmusik

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 2. Eröffnung

Im Namen Gottes, der uns alle geschaffen hat; im Namen Gottes, der das Werk seiner Hände nicht fallen lässt und der uns treu bleibt bis über den Tod hinaus.

3. Anlass

Wir sind hier zusammengekommen, weil Birgit Kötter gestorben ist. Am 25. März 1966 ist sie geboren worden in Brühl. Und am 21. August – das ist jetzt 10 Tage her – ist sie gestorben in Köln im Krankenhaus. Birgit Kötter ist nur 46 Jahre alt geworden. Aus heiterem Himmel, wirklich völlig unerwartet und ohne eine Chance sich darauf vorzubereiten, wurde sie aus diesem Leben gerissen. Viele sind immer noch schockiert und können es nicht fassen.

Ich merke wieder mal:

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Es stimmt einfach:

Keiner wird gefragt
wann es ihm recht ist
Abschied zu nehmen
von Menschen
von Gewohnheiten,
vom Leben,
von sich selbst.
Irgendwann
plötzlich
heißt es
damit umzugehen
ihn auszuhalten
anzunehmen
diesen Abschied
dieses Abbrechen
um neu aufzubrechen

 

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Da sind jetzt viele viele Erinnerungen, die auftauchen. Birgit Kötter war vielen bekannt. Viele können etwas erzählen, was sie mit ihr erlebt haben. Viele Erinerungen tauchen auf -Erinnerungen an gemeineinsam Erlebtes – mit Höhen aber sicher auch mit Tiefen. Mit Stunden, die gelungen sind und in denen Ihr das Leben zusammen genossen habt, aber auch mit Stunden, in denen das Leben bewältigt werden musste. – All das taucht in der Erinnerung auf – und mit den Erinnerungen sind die Gefühle da. Wir sind hier, um uns zu erinnern, um Abschied zu nehmen, um unserer Traurigkeit Ausdruck zu geben, aber auch unserer Dankbarkeit für diesen Menschen. Und wir kommen hierher in der Hoffnung, dass Gott uns etwas zukommen lässt, was uns Kraft gibt.

4. Lesung

Lasst uns auf die Worte der Bibel hören. Ich lese den 27. Psalm:
„Gott ist uns Licht und Heil, vor wem sollten wir uns fürchten? Gott gibt uns Kraft und Mut, wovor sollten wir Angst haben? Wenn etwas auf uns zukommt, drohend und gefährlich, dann verlieren wir nicht den Mut. Wenn wir meinen, wir schaffen es nicht, dann denken wir daran, dass Gott uns hilft. Gott, sei immer bei uns, dann sind wir nicht allein. Lass uns den Weg deiner Güte gehen, denn wo Güte ist, da verschwindet die Angst, und das Leben kehrt wieder, das wir suchen.“

 

 

 

5. Gebet

Lasst uns beten:

Herr, unser Gott, täglich nehmen wir Abschied und doch sind wir ungeübt darin, einen Menschen, mit dem wir verbunden waren, loszulassen. Es fällt so schwer, anzunehmen, dass wir endlich sind. Und wir empfinden diesen Abschied als viel zu früh. Wir suchen nach dem, was uns trösten kann. Wir suchen nach Halt. Es ist so verrückt, dass dieser Mensch, der immer da war, plötzlich nicht mehr unter uns ist. Sie fehlt in unserer Mitte. – Wir spüren unsere Hilflosigkeit angesichts des Todes. Uns geht das durch den Kopf, was wir zusammen erlebt haben. Wir merken deutlich, was Birgit für uns bedeutet hat. Wir kommen hierher mit all den Erinnerungen und Gefühlen, die in uns aufsteigen. Gott, Du versprichst, uns treu zu bleiben bis über den Tod hinaus. Lass uns spüren, dass du bei uns bist mit Deinem guten Geist und uns stärkst. Amen.

 

6. Lied: EG 99 (Christ ist erstanden)

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Christ ist erstanden
Von der Marter alle;
Des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

Wär er nicht erstanden,
So wär die Welt vergangen;
seit dass er erstanden ist,
so lobn wir den Vater Jesu Christ’.
Kyrieleis.

Halleluja,
Halleluja,
Halleluja!
Des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

 

7. Ansprache

Liebe Trauergemeinde! Besonders: Liebe Angehörige von Birgit Kötter!

Das ist gerade Mal drei Wochen her, dass von jetzt auf gleich, sich das Leben komplett veränderte. Birgit Kötters Leben und Euer Leben. Ein geplatzes Aneurisma im Gehirn. Da kommt die ärztliche Kunst sehr schnell an ihre Grenzen. Und dennoch – Herr Kötter Sie haben es mir erzählt – gab es zunächst noch ein Stück Hoffnung. Auch wenn Ihre Frau im Koma lag – es war spürbar, wie sie gekämpft hat – die Ärzte haben getan, was sie konnten – jeder Eingriff war äußerst risikoreich und gefährlich – und alle haben gehofft und viele haben gebetet – es war ein ständiges Auf und Ab – kaum auszuhalten, aber immerhin nicht nur ein Ab sondern auch ein Auf – es schien noch offen, was wird. Und dann wurden die Befunde schlechter – und dann am 19. August musste leider der leitende Oberarzt Sie anrufen und Ihnen sagen, dass keine Hoffnung mehr bestand, weil es zu einem multiplen Infarkt gekommen war und das Gehirn nicht mehr durchblutet wurde. Und ich schätze, ganz vielen, die die Nachricht bekommen haben, ist es so gegangen wie mir, dass sie einfach sprachlos waren. Da versagen alle Worte.

images-3Und dann beginnen die tastenden Versuche, das, was  geschehen ist, irgendwie zu begreifen und für uns einzuordnen. Von diesen Versuchen gibt es eine ganze Reihe – und einige sind auf Eurer Trauerkarte zu finden. „Eine Laune der Natur nahm uns den Mittelpunkt des Lebens“ habt Ihr geschrieben. Wir haben darüber geredet. Viele Menschen stellen die „Warum-Frage“ und richten sie an Gott. Warum Gott? – Wie kannst Du Gott? …Warum Gott? Wir sind uns darin einig: Auf diese Warum-Frage gibt es keine Antwort. Oder noch besser sage ich: Nicht eine einzige Antwort wäre akzeptabel! Könnt Ihr Euch irgendeine Antwort vorstellen, die Ihr akzeptieren würdet? Birgit musste sterben weil … Nein – solche Antworten helfen nicht. Denn sie würden ja überhaupt nicht aufheben, was Ihr sagt: Wir haben den Mittelpunkt unseres Lebens verloren, meine geliebte Frau und Mami und das wäre immer noch unendlich traurig. – Wir stehen einfach vor der Tatsache, dass das Leben nicht berechenbar ist. Wir sind keine von Gott programmierten Maschinen. Wir sind Menschen aus Fleisch und Blut – stark und gleichzeitig verletzlich – unendlich vielschichtig. Und Leben und Sterben sind unlösbar verknüpft – wir sind endliche Wesen – unsere Erwartungen wie das Leben zu sein hat, gehen oft nicht auf – die einen müssen früher gehen, die anderen später – so ist das Leben – das Leben ist nicht berechenbar. Sie nennen das eine Laune der Natur. Die Antwort auf die Warum-Frage ist, dass es keine befriedigende Antwort gibt. Eine Laune der Natur. Wir können nur gemeinsam versuchen das auszuhalten.

Kerze2Oben auf die Trauerkarte haben Sie einen Satz setzen lassen, der herausgefallen ist, als Sie im Notizblock Ihrer Frau geblättert haben: „Bei einer Kerze ist nicht das Wachs wichtig, sondern das Licht.“ Bei einer Kerze ist nicht das Wachs wichtig, sondern das Licht. Auch diesen Satz verstehe ich als einen tastenden Versuch, unser Leben und Sterben zu begreifen. Ich kenne Menschen, die bekommen 70, 80 oder 90 Jahre Leben geschenkt und dennoch habe ich das Gefühl, die haben nur selten wirklich gelebt. Für die zählt die Menge an Wachs, die sie in ihrem Leben zur Verfügung haben. Aber wo haben sie mit diesem Wachs was angefangen? Wo haben sie geleuchtet? – Nach allem was ich von Birgit gehört habe, war es bei ihr anders. Sie ist 46 Jahre alt geworden – viel zu früh hat sie nach unserem Empfinden gehen müssen – aber nach allem was ich in den letzten Tagen erzählt bekommen habe – sie hat geleuchtet! Das Licht war wichtiger als die Menge an Wachs. – Und jetzt müsstet eigentlich Ihr anfangen zu erzählen. Herr Kötter Sie haben mir erzählt, wie tief und innig und glücklich die Beziehung mit ihrer Frau war. Julia, was ist es für ein Glück eine Mami gehabt zu haben, die wirklich und voll für Dich da war. Und wenn es jetzt so weh tut, dass sie nicht mehr so da ist wie vorher, dann zeigt genau das nochmal, wie sehr Ihr als Paar und als Familie zusammengehört habt. – Dann müssten hier viele Menschen zu Wort kommen, die etwas mit Birgit Kötter erlebt haben – die sie erlebt haben, wie sie war – offen für andere – interessiert am anderen – es war einfach mit ihr ins Gespräch zu kommen – wie wichtig war da die Bank vor dem Haus –  sie war vielfältig engagiert und direkt – man wusste wo man dran war – wie gerne hat sie geholfen und jemanden unterstützt – mit einem großen Herzen für die anderen. – Verwandte, Freunde, Nachbarn, Bekannte, Kollegen … wenn Ihr hier anfangen würdet zu erzählen, würde ein Bild entstehen, dass den Satz oben auf der Traueranzeige bestätigt: Birgit hat wirklich gelebt, geleuchtet – und auf die Menge an Wachs kam es bei dieser Kerze nicht an.

DSCF9842Es ist schön zu wissen, dass Birgits Leben weiterleuchtet, auch wenn sie nicht mehr so unter uns ist wie vorher. In vielfacher Weise. Es gibt eben viele Menschen, die dankbar dafür sind, diesen Menschen gekannt zu haben. Es war so gut, dass sie da war. Und alle Erinnerungen die dazu gehören, sind wie ein Licht das weiter leuchtet, um im Bild zu bleiben. – Aber ich meine auch noch etwas anderes. Viele werden es wissen. Birgit hat – nachdem der Hirntod festgestellt worden war – anderen Menschen Leben geschenkt. Dass ihre Organe Menschen gespendet worden sind, die damit eine Lebenschance geschenkt bekommen, ist ganz in ihrem Sinne. Wie gut das zu wissen. In ihrem Tod hat sie anderen Menschen Leben geschenkt. – Das Wissen darum ist auch eine Hilfe, mit ihrem Tod umzugehen.

 

LangeoogDann muss ich noch mal zu Eurer Trauerkarte kommen. Da gibt es das schöne Photo von Euren drei Füßen nebeneinander am Stand im Sand von Langeoog. Diese Insel – so habt Ihr erzählt – war einfach Eure Insel – ein Ort der Ruhe und des Auftankens. Es gibt ja so Orte, da weiß ich: Wenn ich mich in meiner Phantasie dorthin versetze, dann geht es mir gut. So ein Ort war Langeoog für Birgit und für Euch zusammen. Dafür stehen die drei Fußspuren im Sand. – Und dann drehe ich die Karte um und sehe eine Fußspur, die in die Ferne läuft und am Horizont verschwindet. Und ich muss nicht viel dazu sagen, wie das gemeint ist. Ihr seid als Familie so weit zusammen gegangen wie es möglich war – Ihr seid bei Birgit gewesen, solange es ging – aber dann irgendwann konnte keiner von Euch mehr weiter mitgehen und sie ist alleine weitergegangen – aus diesem Leben hinaus. – So verstehe ich das Bild – und ich würde es gerne erweitern. Es gibt nämlich eine ganz kurze Geschichte, die mir zu dem Bild wieder eingefallen ist. Die geht so: Sie heißt „Spuren im Sand“: Eines Nachts hatte ich einen Traum. Ich ging am Meer entlang mit Gott. Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten, Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben. Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand, meine eigene und die meines Herrn. Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte, dass an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten Zeiten meines Lebens. Besorgt fragte ich den Herrn: „Als ich anfing dir nachzufolgen, da hast du mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein. Aber jetzt entdecke ich, dass in den schwersten Zeiten meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist. warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am meisten brauchte?“ Da antwortete er: „Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie allein lassen, erst recht nicht in Nöten und in Schwierigkeiten. Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen.“ – Wisst Ihr das ist es worauf ich vertraue: Als keiner von Euch mehr weiter mit Birgit mitgehen konnte, da war sie dennoch nicht allein. Da wo nur eine Spur zu sehen ist, da hat Gott sie getragen – hinübergetragen in das andere Sein – wie auch immer das aussehen mag.

DSCF9841Auch  darüber haben wir gesprochen. – Da gibt es ja kein richtig und falsch. Wir sind darauf angewiesen, unsere Ahnungen, Vorstellungen und Bilder aufsteigen zu lassen und für wahr zu nehmen. Sie ist jetzt bei ihrem Papi – bei Opa Martin. Oder Sie ist überall – in meinem Herzen und Kopf. – Sie ist jedenfalls nicht da in dieser Urne. Als sie starb hat sie ihren Körper ausgezogen und abgelegt, wie einen Mantel, wie ein Kleidungsstück. Und dieses Körperkleid, das sie nicht mehr braucht, ist eingeäschert worden. Das was davon übrig ist – die Asche – legen wir in die Urne und gleich in Gottes gute Erde. Aber sie selbst ist an einem anderen Ort geborgen – gut aufgehoben bei Gott – wie auch immer das aussieht. – Deshalb ist jedenfalls eines klar: Ihr müsst Euch keinerlei Sorgen um sie machen – für sie ist jetzt gesorgt. – In Euren Erinnerungen und Herzen wird sie weiter so bei euch sein, wie Ihr sie kanntet – aber sie ist auch nicht mehr so unter Euch wie vorher. Wenn ihr darauf vertraut, dass Birgit in guten Händen ist, dann könnt Ihr es Euch auch erlauben, Abschied zu nehmen. Amen.

8. Saxophon: My Way 

 

 

9. Gebet

Guter Gott, ich danke Dir dafür, dass Birgit Kötter nun getragen, geborgen, gut aufgehoben ist in deinen Händen. Wir danken dir für alles Gute und Schöne, dass wir mit und durch diese Frau erleben durften. Wir danken dir für diese Frau, dass sie da war und mit uns durch dieses Leben gegangen ist.

Wir sehen, dass ihr Weg eben diesen Lauf genommen hat und nun aus diesem Leben hinausgeführt hat. Sie fehlt in unserer Mitte und wir merken dadurch nur noch mehr, wie wichtig sie für uns war. Sie wird weiter bei uns sein in unseren Erinnerungen und Herzen.

Und wir befehlen Birgit Kötter Deiner Liebe, Deiner Treue und Deiner Obhut an. – Und wir bitten Dich: sei auch bei uns auf unseren eigenen Lebenswegen, die hier weitergehen ohne sie. Jeder und jede von uns hat ganz eigene Sorgen und Probleme und Lasten und Aufgaben und Wünsche in seinem Leben. Sei du bei uns auf unserem Weg. Amen.

10. Aussegnung

Gott, der barmherzig ist wie ein guter Vater und wie eine gute Mutter, er segne ihren Ausgang und ihren Eingang, von nun an bis in Ewigkeit.

11. Segen

Und Gott, der Barmherzige, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

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12. Lied: EG 171 (Bewahre uns Gott)

 

 

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,
sei mit uns auf unsern Wegen.
Sei Quelle und Brot in Wüstennot,
sei um uns mit deinem Segen.

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,
sei mit uns vor allem Bösen.
Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft,
sei in uns, uns zu erlösen.

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,
sei mit uns durch deinen Segen.
Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt,
sei um uns auf unsern Wegen.

 

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